CAMSIS: Skala zur soziale Interaktion und Schichtung

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Einleitung

Der theoretischen Basis der Skala zur sozialen Interaktion und Schichtung (CAMSIS) liegt die Annahme zugrunde, daß sozialdifferenzierte Beziehungen ein wesentliches Merkmal der Strukturierung von sozialen Schichtungen darstellen. Der Austausch zwischen Individuen wird meist durch deren Klassen- oder Statusgruppenmitgliedschaft bestimmt. Diese Hypothese existiert schon lange in den Gesellschafts- und Schichtungstheorien. So besagen diese bspw., daß Bekannte, Freunde und Ehepartner eher von verwandten Sozialgruppen auserwählt werden. Den Untersuchungen zur wechselseitigen Beeinflussung gehen dabei in der Regel unkritisch übernommene Annahmen und Definitionen zu Statusgruppen oder Sozialklassen voraus.

Der CAMSIS Ansatz kehrt dieses Verfahren um, indem von Interaktionsschemen auf die Beschaffenheit der Sozialstruktur geschlossen wird. Der entscheidende Punkt ist, daß die unterschiedlichen Beziehungen als Distanzen innerhalb eines sozialen Raums dargestellt werden können. Der soziale Raum selbst wird wiederum von diesen Distanzen rekonstruiert. Soziale Interaktionen treten am häufigsten zwischen Personen auf, die sich hinsichtlich ihres sozialen Felds ähneln.

Eine weitere theoretische Signifikanz der CAMSIS beruht auf ihrem analytischen Nutzen. Sie untergräbt konventionelle Annahmen sowohl in bezug auf die Gesellschaftsklassenstruktur als auch hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Sozialklassen und -status. Einerseits basiert sie auf soziale Interaktionen, welche konventionellerweise als Aspekt des gesellschaftlichen Status oder der sozialen Anordnung verstanden werden. Andererseits ist sie zur Untersuchung von Forschungsgebieten, wie z.B. dem Wahlverhalten, wichtig, welche herkömmlicherweise als Klassenanalysen und der wirtschaftlichen oder materiellen Anordnung angesehen werden. Daraus fließt die Schlußfolgerung, daß die Skala sowohl soziale, als auch materielle Vorteile mißt, und das diese Vorteile in der Praxis nicht voneinander unterscheidbar sind.

Dies trifft, wie bei fast allen anderen Stratifikationsschemen, auch auf die CAMSIS Berufsgruppierung zu, da die berufliche Tätigkeit immer noch als einer der Hauptmechanismen der Ressourcenverteilung in der modernen Gesellschaft gilt. Der Beruf ist darüber hinaus auch eine wichtige Quelle anderer Formen von sozialen und psychologischen Vorteilen, Verpflichtungen und Kosten. Zudem ist die Berufsstellung immer noch der wichtigste Indikator für die Position des Einzelnen innerhalb der gesellschaftlichen Ungleichheitsstruktur sowie eine der Hauptquellen der sozialen Identität. Wichtig ist es zu verstehen, daß die sogenannte Berufsgruppe nicht nur den jeweiligen Beruf, sondern auch unterschiedliche Berufsstellungen, wie z.B. selbständig, angestellt usw., beinhaltet. Eingebaut in der Skala ist Leitgedanke, daß die Berufstruktur für Männer und Frauen nicht die gleiche ist. Es könne auch andere Einteilungen z.B. nach Herkunft, ethnischer Zugehörigkeit oder der Ausübung unentgeltlicher Ämter oder Tätigkeiten, einbezogen werden. Eines der generellen Prinzipien bei der Erstellung der Skalen ist, daß möglichst viele Details erhalten bleiben. Falls zwei Gruppen nicht unterscheidbar sind, kann man sie zusammenfassen; wenn aber Gruppen von vornherein zusammengefaßt werden, ist es unmöglich deren Unterschiede oder Ähnlichkeiten zu erkennen.

Der relativ einfache Zugang zu repräsentativen Daten - zumeist der Mikrozensus, der den Berufsstand von Ehe- und Lebenspartnern beinhaltet - bildet den bevorzugten Ausgangspunkt der CAMSIS. Durch die Fachliteratur geht hervor, daß die gleiche Struktur den verschiedenen Interaktionsformen unterliegt, z.B. eheliche Beziehungen, Freundschaften und die soziale Reproduktion über Generationen hinweg.

Wenn Individuen in Berufsgruppen eingeteilt werden, so wird deutlich, daß innerhalb nahestehender Gruppen häufig Ehe- und Freundschaftsverbindungen geknüpft werden. Im Gegensatz dazu sind Beziehungen zwischen Mitgliedern voneinander distanzierter Berufsgruppen eher unwahrscheinlich. Die Distanz zwischen den Berufen kann anhand der Häufigkeiten einer Kreuztabelle, welche die Berufe zwischen Lebensgefährten oder Freunden widerspiegelt, errechnet werden. Je höher die Häufigkeit einer gewissen Berufspaarung, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit der sozialen Wechselwirkung zwischen den Personen innerhalb dieser Berufspaarung. Je geringer die Häufigkeit, desto unwahrscheinlicher ist die Wechselwirkung dieser Berufspaarung. Das Ziel der empirischen Aufgabe ist die Erstellung eines sozialen Raums, der durch die Distanzen der Berufspaarungen definiert ist. In diesem Sinne können einerseits gewisse Berufsgruppen dicht aneinander liegen und sich von anderen deutlich distanzieren. Andererseits können andere Berufsgruppen im sozialen Raum gleichmäßig verteilt sein.

Streng genommen handelt es sich in bezug auf die CAMSIS um eine Ordinal-Skala (oder ein geordnetes Intervall). Durch die hohe Anzahl der Berufskategorien könnte sie aber auch als kontinuierlich behandelt werden. Die CAMSIS hat sich im Gebiet der Sozialmobilität, des Wahlverhaltens, und des Bildungs- und Gesundheitswesens im Vergleich zu herkömmlichen Klassenstudien als mindestens gleichwertig erwiesen. Hinzu kommt, daß der CAMSIS Ansatz eine detailorientiertere Sozialdifferenzierung darstellt.

Der CAMSIS Ansatz zur Sozialschichtung ist daher innovativ und stellt eine bedeutende Verbesserung bezüglich der Theorie und Anwendbarkeit dar. CAMSIS bietet eine Messung der Sozialstratifikation an, die im konkreten Sozialverhalten grundiert ist, die eine angemessene theoretische Basis bietet, und die sich durch statistische Voraussagung in verschiedenen bedeutenden Gebieten bewährt hat.

Interessentenliste

Wir haben eine Adressendatei interessierter Forscher erstellt, um diese gelegentlich über wesentliche Entwicklungen der CAMSIS Skala informieren zu können.  Falls Sie Interesse haben, dieser Gruppe beizutreten, so bitten wir Sie, eine Email an paul.lambert@stirling.ac.uk zu senden.


Last modified 13 July 2000
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